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Seit 150 Jahren Nadeln aus Ichtershausen

. Zwar hatte die große Feier zum 150. Jubiläum des Nadelwerkes Ichtershausen unter dem regnerischen Wetter zu leiden. Allerdings ist die dort gezeigte Sonderausstellung sowie die Geschichte des Werkes und die vielen Umgestaltungen auf jeden Fall noch erwähnenswert.

Wie Heiko Zitzmann, Chef des Kulturvereins Ichtershausen, sagte, "haben viele Leute zum Fest etwas mitgebracht, was an ihre eigene Vergangenheit im Nadelwerk erinnerte". Darunter waren Gehaltszettel, Fotos und Rouladennadeln, vieles noch in der Orginalverpackung. "Das meiste haben die Leute vorgezeigt und dann wieder mitgenommen, weil es ja auch für sie Andenken sind."

Eine Besonderheit war allerdings ein großes Gruppenbild, welches Fabrikarbeiter im Nadelwerk zeigt. Das Foto war bisher nicht bekannt und ist auch nicht in dem Buch über das Nadelwerk enthalten, hieß es.

Was mit der Ausstellung zur Geschichte des Werkes werden soll, die für das große Fest zusammengestellt wurde, sei dagegen noch nicht klar, so Zitzmann. Dies soll mit der Geschäftsführerin des TNI-Nadelwerkes, Anett Ginter, noch besprochen werden.

Im Jahre 1862 gründeten der Kaufmann Wilhelm Wolf und der Ingenieur August Knippenberg in Ichtershausen ihre Nadelfabrik. Schon im ersten Jahr nach der Eröffnung fanden 100 Arbeiter in der Fabrik ihr Auskommen. Sie fertigten zunächst Näh-, Stick-, Stopf- und Stricknadeln, bevor 1869, als eine der ersten Nadelfabriken in der Welt, die Herstellung von Nähmaschinennadeln aufgenommen wurde.

Die Erzeugnisse wurden mit der Handelsmarke "Adlerkopf im Strahlenkranz", trotz härtester Konkurrenz aus England und Aachen, weltweit bekannt und viele Jahrzehnte war das Werk ein führender Nähmaschinennadelhersteller.

Im Jahr 1862 wurde das Nadelwerk gegründet

In das Jahr 1869 fällt auch der Baubeginn des ersten Hauses für Mitarbeiter auf dem Gelände der heutigen Klosterstraße. Immer wieder trug das Nadelwerk zur allgemeinen Entwicklung des Ortes bei. So sind eine Vielzahl von Wohnungen, Schrebergärten, der Kindergarten, die Kegelbahn und das ehemalige Kulturhaus "Zur Post " im Laufe der Jahre entstanden.

An der Verwirklichung der Bahnlinie von Arnstadt nach Ichtershausen hatten Wolff & Knippenberg großen Anteil.

Im Jahr 1887, dem Jahr des 25-jährigen Betriebsjubiläums, wurden täglich 2 Millionen verschiedener Nadeln hergestellt, die weltweit vertrieben wurden.

1912 beschäftigte die Fabrik über 900 Leute und war eine der größten Nadelfabriken der Welt. Für den Vertrieb waren mehrere Reisende und 40 Vertreter in allen Landen tätig. Außerdem wurden ständige, gut sortierte Lager in Berlin, Iserlohn, Paris und Marseille unterhalten.

In den Jahren 1937 bis 1962 vollzogen sich in der Welt einschneidende Veränderungen. Die Produktionsbereitschaft blieb während des 2. Weltkrieges weitgehend erhalten. Zum 1. Juli 1948 wurde der Betrieb in Volkseigentum überführt. Das neue Markenzeichen bestand aus einem Globus mit durchgestochener Nadel, umlaufendem Nähfaden und dem Schriftzug "ICH – Nadeln ".

Dieses wurde zum Sinnbild der Qualität der Erzeugnisse in den Folgejahren. Mit Aufnahme der Nadeln für Textilmaschinen und chirurgischen Nadeln in das Produktionsprogramm stieg die Anzahl der Arbeitskräfte nochmals. 1969 wurde das Kombinat Solidor Heiligenstadt gegründet, dem das Nadelwerk zugeordnet wurde.

Mehrere Rationalisierungsvorhaben wie Industrienähmaschinennadeln, Glas- und Plastkopfstecknadeln, Rundstricknadeln konnten in den siebziger Jahren erfolgreich zum Abschluss gebracht.

Auch damals war mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. So wurde das Mitte der 70er Jahre erbaute Ölheizwerk wieder stillgelegt, da auf Beschluss der Regierung nur mit Braunkohle geheizt werden durfte.

Mit dem Eintritt der DDR in die Wirtschafts- und Währungsunion der BRD am 1. Juli 1990 erfolgte die Gründung der Kapitalgesellschaft "TNI Thüringische Nadel GmbH" durch die Treuhandgesellschaft. Daraufhin fanden Privatisierungsverhandlungen mit Vertretern führender Nadelbetriebe statt, die sich meist nur für eine Produktgruppe interessierten oder nur Produktionsverfahren und Kundenlisten sehen wollten.

Einige Produktionsbereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehörten, wurden auf Grund geringer Nachfrage schon Ende 1990 stillgelegt und das Hauptaugenmerk auf Nähmaschinennadeln, Nadeln für die Kämmereitechnik und chirurgische Nadeln gelegt.

Der Betrieb wurde von 1990 bis 1993 neu organisiert, was mit einem enormen Personalabbau verbunden war. Neue Märkte mussten erschlossen werden, um die alten zusammengebrochenen Vertriebswege zu kompensieren. Preiszugeständnisse als "Neuling aus dem Osten " standen auf der Tagesordnung, wollte man in einen festverteilten Markt eindringen.

Die dafür notwendige Zeit bekam TNI nicht und wirtschaftete 1994/1995 mit Verlusten. So entschloss sich die Helaba als Eigentümer, den Betrieb abzuwickeln.

Nach der Liquidation der Thüringischen Nadel GmbH im Jahre 1996 und der Gründung der TNI Chirurgisches Nadelwerk GmbH mit Umzug in ein kleineres Gebäude der ehemaligen Nähmaschinennadelfertigung, entschloss sich die Gemeinde zum Kauf des Objektes, um den traditionsreichen Standort und das markante Fachwerkgebäude zu erhalten.

Ob als Thüringische Nadel- und Stahlwarenfabrik, Nadelwerk, Thüringische Nadel GmbH oder Chirurgisches Nadelwerk GmbH, immer wurden in Ichtershausen die vielfältigsten Nadeln hergestellt.

Stetig war die Entwicklung des Nadelwerkes untrennbar mit dem Ort verbunden, wie am diesjährigen Fest ablesbar.

Bron: 12.05.12 Thuringer Algemeine

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